Die Nova V1405 CAS in der Cassiopeia


17. Mai 2021, Dr. Gerold Holtkamp und Dr. Thomas Kunzemann
(Lichtkurve aktualisiert am 6.5.2022)


Die Beobachtung der Nova V1405 CAS wird beschrieben. Über einen längeren Zeitraum, vom 1.4.2021 bis zum 15.5.2022, wurden Messungen der Helligkeit durchgeführt. Zusammen mit Messungen anderer internationaler Autoren konnte ein für eine Nova untypischer Verlauf nachgewiesen werden.


Der eine oder andere wird sagen, dass es ja ganz nett sei, einen Stern zu verfolgen, der mal sehr lichtschwach war, dann hell wurde und danach wieder langsam verblasst, eine Nova also, aber verglichen mit anderen Astroaufnahmen sei das nun nicht besonders spektakulär….


Bei den hier beschriebenen Beobachtungen geht es tatsächlich weniger um Farben und Strukturen als vielmehr um Informationen, die man aus dem Verlauf der Lichtkurve gewinnen kann. Bei der sehr großen Entfernung der meisten Sterne sind keine direkten lateral auflösende Aufnahmen möglich. Man muss daher aus dem bei uns ankommenden Licht die Information herausholen. Ist die Helligkeit für uns Amateur-Astronomen noch relativ einfach zu bestimmen, so ist es schon herausfordernd, eine zeitlich möglichst kontinuierliche Folge von Messungen zu erhalten – wegen des hiesigen launigen Wetters und der Behinderungen durch die Corona-Pandemie erst recht. Die spektrale Zerlegung des Lichts würde zusätzliche Informationen liefern. Die Anforderungen hierfür gehen aber über unsere (gegenwärtige) apparative Ausstattung hinaus.


Bei der Nova V1405 CAS handelt es sich um zwei Sterne – einen weißen Zwerg und einen Hauptreihenstern -, die sich eng umkreisen. Der Abstand der beiden Komponenten ist so gering, dass Materie vom Hauptreihenstern zum weißen Zwerg gelangt. Diese Materie sammelt sich in einer Akkretionsscheibe um den weißen Zwerg an. Diese erhitzt sich durch die ständige Massenzunahme immer stärker, bis eine so hohe Temperatur erreicht wird, dass eine explosive thermonukleare Reaktion einsetzt. Dies führt zu dem charakteristischen schnellen Helligkeitsanstieg am Anfang und einem anschließenden langsamen Helligkeitsabfall, wenn sich durch den Masseverlust die Dichte und die Temperatur in der Akkretionsscheibe wieder verringert. Mehr Informationen zum Thema findet man in (1), (2).


Die Nova V1405 CAS im Sternbild Cassiopeia
Quelle: Stellarium


Eigene s/w Aufnahme der Nova V1405 CAS (markiert) mit dem offenen Sternhaufen M52 und dem sog. Bubble-Nebula


Die Entdeckung der Nova durch Yuji Nakamura, Kameyama, Mie, Japan, datiert auf den 18.3.2021. An diesem Termin wurde sie dem CBAT (Central Bureau for Astronomical Telegrams) der IAU (International Astronomical Union) gemeldet (3). Die offizielle Bezeichnung lautet V1405 CAS. Die Position soll sich mit dem bedeckungsveränderlichen Stern CzeV3217 = Gaia EDR3 2015451512907540480 decken (∼1,3“). Das Sternsystem hat eine Umlaufperiode von 0,376938 Tagen und ist 5500 Lichtjahre von uns entfernt. Die Helligkeit vor dem Ausbruch war ca. 15 mag.
Am Tag der Entdeckung hatte die Nova eine Helligkeit von 9,371 mag im B-Band. Am 27.3. war sie dann mit 7,9 mag deutlich heller geworden. Uns war klar, dass es eine Herausforderung sein würde, weniger von der Aufnahmetechnik her, als vielmehr vom Wetter. Das ist bekanntlich launisch und in unseren Breiten heißt es im Wetterbericht oft „bedeckter Himmel“. Außerdem wurden im April, Mai und Juni die Nächte immer kürzer. Der Mond war bei der relativ großen Helligkeit der Nova und der Position im Sternbild Cassiopeia ausnahmsweise kein Problem. Lange Zeit gab es eine nächtliche Ausgangssperre wegen der Corona-Pandemie, so dass nur der eigene Garten als Beobachtungsort blieb, was durchaus kein Nachteil war. Ein Garten/Balkon war auch bei kurzfristig auftretenden Wolkenlücken schnell erreichbar.


Position von Nova V1405 CAS, Vergleichsstern und Checkstern in MuniWin


Die erste Messung gelang am 1. April um 23 Uhr MESZ (21 UTC). Hierfür hatte Gerold Holtkamp folgenden Aufbau verwendet: Kamera Canon 500DA , Filter IDAS LPS-D2, 218mm, F/5.6, ISO1600. Die folgenden Messungen wurden dann von ihm ausschließlich mit folgendem Aufbau durchgeführt: Kamera Canon 6D , IDAS LPS-D2, 300mm, F/5.6, ISO3200. Nachgeführt wurde mit einer Star Adventurer Reisemontierung. Aufnahmeort war mein Garten meist Osnabrück.
Thomas Kunzemann verwendete als Kamera auch eine Canon 6D, aber 480mm Brennweite und ISO 3200. Sein Aufnahmeort war sein Balkon in Preußisch-Oldendorf.
Die Photometrie erfolgte mit der Software MuniWin. Es wurde nur der Grün-Kanal ausgewertet. Dabei wurde in der Regel aus 20 Aufnahmen der Mittelwert gebildet und mit dem Stern HD 221143 verglichen, um einen absoluten Wert zu erhalten. Für den Vergleichsstern gibt die astronomische Datenbank Simbad eine Helligkeit im V-Kanal von 8,48 mag an.


Lichtkurve von V1405 CAS im G-Kanal mit Messungen von vielen anderen Amateurastronomen. Unsere Messungen sind orange markiert. Alle Daten findet man bei der AAVSO (4).


Ausschnitt aus obiger Lichtkurve


V1405 CAS schien zunächst den klassischen Helligkeitsabfall zu durchlaufen (Messungen am 1.4. und 3.4.). Dann erfolgte ein langsamer Helligkeitsanstieg (Messungen 12.4 bis 5.5.), der von einem schnellen Anstieg um fast 2 mag und einem ebenso schnellen Abstieg abgelöst wurde (Messungen 7.5. bis 16.5.). Das ist auf jeden Fall nicht der klassische Verlauf einer Nova. Was zu diesem untypischen Verhalten geführt hat, wird in der nächsten Zeit in astronomischen Fachkreisen sicher noch diskutiert werden. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.



(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Nova_(Stern)

(2) https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/nova/314
(3) http://tamkin1.eps.harvard.edu/unconf/followups/J23244760+6111140.html
(4) https://www.aavso.org/LCGv2/