Farbenspiel über Island

Ein Reisebericht zur Exkursion nach Island im September/Oktober 2024

Thomas Grunge, Dr. Gerold Holtkamp und Dr. Achim Tegeler, 16.10.2024


Alle Videos zu dieser Exkursion können auf unserem

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Drei kosmos-os Freunde sind vom 30.09. bis zum 07.10.2024 in der Hoffnung auf Polarlichter nach Island gereist. Das hört sich einfach an. Ist es auch, wenn man einige Randbedingungen beachtet. Da Island touristisch gut erschlossen ist, war die eigentliche Reise kein Problem. Wir, Gerold, Thomas G. und Achim haben in einem Ferienhaus im Westen am See Eyrarvatn gewohnt. Dort ist man ausreichend weit von der Lichterglocke Reykjaviks entfernt. Außerdem gab es nur wenige Nachbarferienhäuser, die größtenteils nicht belegt waren. Wir wollten Polarlicht sehen, aber der sternenübersäte Nachthimmel allein schon war hervorragend.

Die Milchstraße war direkt über unseren Köpfen zu sehen.



Das Wetter auf Island ist wegen des nahen Golfstroms weniger berechenbar als die Beobachtungsbedingungen in Osnabrück. Wir hatten gehofft, dass Anfang Oktober klare Tage, insbesondere aber die Nächte, noch in der Mehrzahl sein würden. Wir wurden nicht enttäuscht. Ab dem 03.10. war der Himmel bis zur letzten Nacht über dem Eyrarvatn klar – wirklich glasklar! Bilderbuchwetter! Jetzt musste nur noch die Sonne ihren Teil, d.h. einen intensiven Sonnenwind, beisteuern.


Unsere Sonne ist in diesem Jahr 2024 im Aktivitätsmaximum ihres elfjährigen Zyklus. In den Jahren um das Maximum gibt es nicht nur viele Sonnenflecken, sondern auch sehr häufig aktive Zonen, die Plasmawolken ausstoßen. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für Polarlichter deutlich höher ist als in anderen Jahren, denn diese Plasmawolken können die Erde treffen. Sie werden vom Erdmagnetfeld entlang der nahe beieinander liegenden Magnetfeldlinien an den Polen abgelenkt und kollidieren dort mit den Luftmolekülen, die sie zum Leuchten anregen. In den Wochen um die Tag- und Nachtgleichen (Äquinoktien), also um den 21. März und den 23. September, ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Polarlichtern noch einmal erhöht, weil in dieser Zeit der Winkel zwischen dem Sonnenwind-Magnetfeld (interplanetarisches Magnetfeld) und dem Erdmagnetfeld so ausgerichtet ist, dass es zu einer stärkeren Kopplung kommt, was dazu führt, dass mehr Sonnenteilchen in die Erdatmosphäre eindringen können (Russell-McPherron-Effekt [1]). Auch der Mond war kein Problem. Er war sowohl in der Neumondphase als auch meist unter dem Horizont. Unser Reisetermin war also gut gewählt.


Der Himmel war, wie schon oben beschrieben, perfekt. Nur die angekündigte Plasmawolke von der Sonne brauchte offensichtlich mehr Zeit als angenommen, um bei uns auf der Erde anzukommen. Das hieß aber nicht, dass wir gar keine Polarlichter sahen. Es war eben nur die normale Aktivität. Die Polarlichter erschienen nördlich von uns und waren zum Teil durch den nahe gelegenen Berg verdeckt. Trotzdem gelangen uns einige vielversprechende Aufnahmen.

Wir hatten sogar eine besonders vielversprechende Polarlichtvorhersage. Ab dem 03.10. war starke bis sehr starke Polarlichtaktivität vorausgesagt.




Die Farben wurden immer intensiver – hier in Richtung Corona borealis. 03.10. . Canon 6d, 2,5s, ISO3200, F1,4, 50mm. Gerold Holtkamp

Doch es wurde von Tag zu Tag besser mit den Bedingungen. Der Himmel wurde klarer und die Sonne aktiver.



In der letzten Nacht vor unserer Abreise aber wurde das Polarlicht atemberaubend aktiv. Der Himmel quoll über von Licht und Farben. Alles war in ständiger Bewegung, im Entstehen und Vergehen. Oft bauten sich die leuchtenden „Vorhänge“ direkt über uns auf und wanderten anschließend weit nach Süden. Nördlich von uns war kaum noch etwas zu sehen, ein Hinweis darauf, dass es sich um einen besonderes starken Sonnenwind handeln musste, der die geladenen Teilchen weit in den Süden lenkt. Das hat sich dann in den folgenden Tagen auch bestätigt.



Vom Einbruch der Nacht um 20:00 Uhr am 06.10. bis nur 3 Stunden vor dem Aufbruch um 06:00 Uhr morgens hielten wir den eisigen Temperaturen stand. Der Anblick war einfach zu schön, um ihn zu verschlafen.




Wir konnten und wollten uns nicht vom Himmelsschauspiel losreißen.


Gegen 02:00 Uhr morgens ging die Show in ein den gesamten Himmel bedeckendes pulsierendes, schwächer leuchtendes Polarlicht über.


Im Sekundentakt entstanden und vergingen leuchtende Wölkchen. Um die Zeit haben wir dann doch noch etwas Schlaf gesucht, denn um 04:30 Uhr klingelte bereits wieder der Wecker – ein Flieger wartet nicht.


Das immer noch aktive Polarlicht begleitete uns auf der Fahrt zum Flughafen bis die zunehmende Dämmerung dieses großartige Schauspiel beendete.


Das waren für uns überwältigende Anblicke und eine rundum gelungene Exkusion nach Island – Nachmachen dringend empfohlen!


Notifications Timeline der NOAA vom 8.10.2024 um 1:05 UTC [2]


-> Weitere Beiträge zu Polarlichtern

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[1] Russell, C. T., and R. L. McPherron (1973), Semiannual variation of geomagnetic activity, J. Geophys. Res.,78,92–108

[2] https://www.swpc.noaa.gov/products/notifications-timeline

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