Polarlicht über Europa

Es war schon eine besondere Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2024. Das Space Weather Prediction Center der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) hatte bereits am 9.5.2024 einen Sonnensturm der Kategorie G4 (servere)* vorausgesagt, was einem sagenhaften Kp-Wert** von 8 oder sogar 9 entspricht. Bei diesen Werten sollte Polarlicht auch in unseren Breiten und weiter südlich zu sehen sein.


Alle kosmos-os Mitglieder warteten also gespannt. Würde das Wetter halten? Es hielt! Nicht nur bei uns im Osnabrücker Land, sondern auch in Urlaubsgebieten, wo zwei unserer Mitglieder weilten.

Auch das Polarlicht hielt, was der Kp-Wert versprochen hatte. Es wurde eine grandiose Show am Himmel! Auf unten stehender Karte markieren die violetten Punkte jeweils einen Beobachtungsort. Durch Anklicken gelangt man zu den Fotos, die dort geschossen wurden, und einem kurzen Kommentar des jeweiligen begeisterten Beobachters.


Karte Beobachter Olaf Homeier, Buxton, England Werner Wöhrmann, Icker/Lechtingen Gerold Holtkamp, Icker/Lechtingen Michael van Santen, Achmer Thomas Kunzemann, Offelten Thomas Grunge, Dissen Achim Tegeler, im Elsass, Frankreich

Positionen der Beobachter von kosmos-os in der Nacht vom 10./11.05.2024
Quelle: Open Street Map



Entstehung der Polarlichter

Der Ursprung der Polarlichter liegt in der Sonne. Die Sonne stößt kontinuierlich einen Strom geladener Teilchen aus, der als Sonnenwind bezeichnet wird. Dieser Sonnenwind besteht hauptsächlich aus Elektronen und Protonen, die mit hoher Geschwindigkeit ins All geschleudert werden. Wenn diese geladenen Teilchen in die Nähe der Erde gelangen, werden sie durch das Magnetfeld der Erde entlang der Feldlinien in Richtung der Polarregionen geleitet. Dort treten sie in die obere Erdatmosphäre ein und kollidieren mit den dort vorhandenen Gasen, hauptsächlich Sauerstoff und Stickstoff. Bei diesen Kollisionen werden die Gasatome in der Atmosphäre angeregt. Die Elektronen der Atome nehmen Energie auf und springen auf höhere Energieniveaus. Wenn diese Elektronen in ihren ursprünglichen Zustand zurückfallen, geben sie die aufgenommene Energie in Form von Licht ab. Dieses Licht ist das, was wir als Polarlicht sehen.


Die Farben der Polarlichter variieren je nach Art der angeregten Gasatome und der Eindringtiefe der geladenen Teilchen in die Atmosphäre. Sauerstoff kann grünes oder rotes Licht emittieren, während Stickstoff blaue oder violette Töne erzeugt. Grünes Licht ist in den Polargebieten, wo die magnetischen Feldlinien in die bzw. aus der Erde eintreten und damit die gelenkten Teilchen sehr tief gelangen, am häufigsten zu sehen, da es durch Sauerstoff zwischen etwa 100 bis 400 Kilometern Höhe erzeugt wird. Rotes Licht entsteht in größeren Höhen, während blaue und violette Farben von Stickstoffatomen wieder in unteren Atmosphärenschichten stammen.


Die Intensität und Häufigkeit der Polarlichter hängen stark von der Sonnenaktivität ab. In diesem Jahr befinden wir uns in einem Aktivitätsmaximum. Bei den jetzt zahlreichen Sonneneruptionen oder koronalen Massenauswürfen, werden viele geladene Teilchen in Richtung Erde geschleudert, sog. Sonnenstürme, was zu intensiven und häufigen Polarlichtern führt. Diese Ereignisse treten im elfjährigen Sonnenzyklus auf.


Der Sonnensturm vom 10./11. Mai hatte seinen Ursprung in einer riesigen Sonnenfleckengruppe, die sehr aktive Bereiche aufwies.


Sonne im Weißlicht, 10.5.2024, Photo: Thomas Kunzemann
Sonne im Weißlicht, Ausschnitt mit der Fleckengruppe AR 3664, 10.5.2024, Photo:  Thomas Kunzemann
DIe Entwicklung der Fleckengruppe AR 3664 vom 2. über den 4., 5., 6., 8., 9.,10., 11.,12, 13. bis zum 14.05.2024, Photos:  Thomas Kunzemann


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Die geomagnetischen Faktoren G1 bis G4 der NOAA wurden eingeführt, um der Öffentlichkeit die aktuellen und zukünftigen Weltraumwetterbedingungen und ihre möglichen Auswirkungen auf Menschen und Systeme zu vermitteln. Die Skalen beschreiben die Umweltstörungen für drei Ereignistypen: geomagnetische Stürme, Sonnenstrahlungsstürme und Funkausfälle. Die Skalen verfügen über nummerierte Stufen, analog zu Hurrikanen, Tornados und Erdbeben, die den Schweregrad angeben.


Grafische Darstellung der Weltraumwetterwarnungen der NOAA (abgefragt am 15.5.2024, 18 Uhr UTC)

Die Voraussagen bzw. Historie sind erreichbar über diesen Link: https://www.swpc.noaa.gov/products/notifications-timeline. Man kann sich auch auf eine Mailing-Warn-Liste setzen lassen. Die geomagnetischen Faktoren werden von NOAA wie folgt beschrieben:

1. G1 – Gering (Minor): Geringe Auswirkungen auf das Stromnetz können auftreten, insbesondere in Hochbreitengraden, wo sich Stromleitungen erstrecken. Kommunikationssysteme können ebenfalls beeinträchtigt werden, insbesondere in polar-nahen Regionen. Satellitenoperationen können beeinträchtigt werden.

2. G2 – Mäßig (Moderate): Bei diesem Level können Hochbreitengrad-Stromnetze vorübergehend ausfallen oder überlastet sein. Satellitenoperationen können gestört werden, und bestimmte GPS-Navigationen könnten unzuverlässig werden. Kommunikation auf Hochfrequenzbändern kann beeinträchtigt sein.

3. G3 – Stark (Strong): In diesem Fall können große Teile von Hochbreitengrad-Stromnetzen beeinträchtigt werden, was zu Spannungsinstabilitäten und möglichen Ausfällen führen kann. Satelliten können gestört werden, was zu vorübergehenden Ausfällen von Satellitendiensten führt. GPS kann unzuverlässig werden.

4. G4 – Sehr stark (Severe): Dies ist die höchste Stufe auf der Skala. Hier können weit verbreitete Stromausfälle auftreten, die Tage bis Wochen dauern können. Satellitenkommunikation und -navigation können erheblich gestört werden. Hochfrequenzkommunikation kann beeinträchtigt werden, und es kann zu erhöhten Strahlungswerten in polaren Regionen kommen.

Diese Faktoren sind wichtig, um die möglichen Auswirkungen von Weltraumwetterereignissen auf verschiedene Systeme auf der Erde zu verstehen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.


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Der globale Kp Index ist ein Maß für die natürlichen Störungen und berechnet sich als mittlerer Wert aus dem Störungsgrad K der beiden horizontalen Magnetfeldkomponenten an 13 ausgewählten Messstationen außerhalb der Polarlichtzone. Der Name Kp bedeutet planetarische Kennziffer. Mehr Infos dazu unter:


https://www.gfz-potsdam.de/sektion/geomagnetismus/daten-produkte-dienste/geomagnetischer-kp-index

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