Besuch des Fallturms am ZARM in Bremen und des Universum® Bremen am 13.04.2024
Wir von kosmos-os sind von der Astronomie fasziniert. Neben dem direkten Beobachten, draußen unter einem klaren Himmel, gilt unser Interesse natürlich dem gesamten Themenspektrum, das mit der Erforschung des Kosmos zusammenhängt.
So kam es zur Idee, nach Bremen zu fahren und den Fallturm am ZARM (Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation) zu besichtigen. Allein schon der Name versprach Hochinteressantes für uns.
Auch beim Mitmachmuseum Universum® Bremen ist der Name Programm und lockte uns genauso.
Sieben von uns sind am 13.04.2024 um 8:00 Uhr morgens von Osnabrück gemeinsam gestartet. Das Wetter war frühlingshaft freundlich, die Autobahn frei. So stand einem ereignisreichen Tag nichts im Wege.
Das ZARM und der Fallturm
Unser erstes Ziel war der Fallturm des Zentrums für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM).
Das ZARM gehört zur Universität Bremen und beschäftigt sich mit Strömungsmechanik, Weltraumwissenschaften und Raumfahrttechnologie und über unabhängige Forschungsgruppen auch mit Exploration.
Unser Besuch begann mit einer Präsentation des ZARM, in der der grundlegende Aufbau der Anlage und ihrer Bestandteile und die Technik des Fallturms erläutert wurden. Ergänzt wurde der interessante Vortrag durch anschauliche Experimente und die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Herzstück des ZARM ist der 1990 fertiggestellte Fallturm, der mit seiner Höhe von 146 Metern weltweit einzigartig ist.
Das von außen sichtbare Fallturmgebäude mit acht Metern Außendurchmesser stellt die Umhüllung der eigentlichen Fallröhre dar, in der Mikrogravitationsexperimente durchgeführt werden. Mikrogravitation ist der Zustand, bei dem Schwerelosigkeit vorliegt und der in der Fallröhre durch freien Fall realisiert wird (tatsächlich wird 1 Millionstel (10-6) der Erdbeschleunigung erreicht).
Die Fallröhre selbst ermöglicht mit einem Durchmesser von 3,5 Metern und einer Länge von 120 Metern einen freien Fall der Untersuchungskapsel von 110 Metern entsprechend 4,7 Sekunden im Zustand der Mikrogravitation bei einem Fallexperiment. Im Jahr 2004 wurde jedoch ein Katapult in der Basis des Fallturms realisiert, das die Untersuchungskapsel von unten derart beschleunigt, dass damit die Zeitdauer des „freien Falls“ fast verdoppelt wird – es ergibt sich bei Katapultexperimenten eine Schwerelosigkeitsdauer von 9,3 Sekunden. Die bis zu 500 kg schwere Kapsel, in der die Experimente untergebracht werden, würde in der Fallröhre jedoch durch vorhandene Luftmoleküle abgebremst werden – ein Vakuum muss her. Daher wird vor jedem Fallexperiment die gesamte Fallröhre mit einem Volumen von 1700 m3 evakuiert und damit auf einen Druck von 10 Pa gebracht (0,1 mbar = Feinvakuum).
Diese Evakuierung wird von 18 Pumpen geleistet, die dazu zwischen 90 und 120 min benötigen. Damit ist die Evakuierung der Fallröhre der zeitintensivste Faktor bei der Durchführung der Experimente, die damit auf zwei bis maximal drei Durchgänge pro Tag begrenzt sind. Die fallende Kapsel wird dann an der Basis der Fallröhre (Bremskammer) von einem 15 m3 großen 8,2m hohen mit Polystyrolkugeln gefüllten Container aufgefangen. Da dieser Bremscontainer bei Nutzung des Katapults im Weg wäre, muss der gesamte Container bei Abschuss der Kapsel zur Seite geschwenkt werden, dann aber innerhalb der Flugzeit direkt unter die Röhre gebracht werden, damit die Kapsel mit ihren bis zu 168 km/h sicher im Bremscontainer aufgefangen wird. Dazu wurde ein Pendelsystem entwickelt, das dies ermöglicht.
Im Anschluss an den Vortrag ging es dann vorbei an verschiedenen Experimentaufbauten (auch zur Simulation einer Marsbasis) zum GraviTower (einem zusätzlichen kleineren (16 m) Fallturm, der ohne Vakuum arbeitet und daher bis zu 20 Experimente/h ermöglicht), durch die Integrationshalle in die Bremskammer des Fallturms. Die Integrationshalle dient zur Bestückung der Fallkapsel mit den entsprechenden Experimenten und durfte aus verständlichen Gründen nicht fotografiert werden. In der Bremshalle jedoch konnte die Technik „begriffen“ und fotografiert werden – wir alle waren fasziniert von der Technik und den Dimensionen dieser Anlage!
Beeindruckte Blicke nach oben in die Fallröhre
Die Warteschlange für Experimente im Fallturm ist lang – für zwei Jahre im Voraus ist der Turm verplant. Offenbar ist die Untersuchung von Phänomenen unter den Bedingungen der Mikrogravitation in vielen Bereich gefragt – dazu gehören: Materialwissenschaft, Verfahrenstechnik, Strömungsmechanik aber auch Biologie, Biotechnologie und Medizin.
Das Universum® Bremen
Schon die Architektur des Universum® Bremen ist sehenswert. Von außen betrachtet stellt das Gebäude einen Wal dar, der sich aus dem Wasser erhebt. Innen kann man an über 300 Exponaten naturwissenschaftliche Phänomene aus den Themenbereichen Technik, Mensch und Natur bestaunen, aber auch begreifen. Dafür musste man natürlich etwas Gedankenenergie aufwenden.
Es gab zwar keinen expliziten Themenbereich Astronomie, aber die Anknüpfungspunkte waren vielfach. Schließlich ist die Astronomie schon lange keine Astrologie mehr, sondern tief in den Naturwissenschaften verankert.
Eine kleine Auswahl an Experimenten/Exponaten mit Astronomiebezug:
- Abflachung durch Rotation: https://universum-bremen.de/abgeflachte-erde/
Bei der Rotation einer Kugel ist die Fliehkraft am Äquator größer als an den Polen. Auch unsere Erde ist etwas abgeflacht. Diesen Effekt beobachtet man im All bei sehr vielen rotierenden Systemen – Rotationsellipsoide.
- Fluoreszenz: https://universum-bremen.de/fluoreszenz/, https://www.scinexx.de/news/biowissen/fluoreszenz-als-indiz-fuer-ausserirdisches-leben/
Wird Materie energiereicher (Teilchen-)Strahlung ausgesetzt und gibt sie unmittelbar danach Licht anderer Wellenlänge wieder ab, spricht man von Fluoreszenz. Sie ist ein Mechanismus, den auf der Erde bestimmte Lebewesen einsetzen, um sich gegen zu starke UV-Strahlung zu schützen. Evtl. kann man so in Zukunft Leben auf anderen Planeten nachweisen.
Polarlicht ist ein anderes Beispiel für Fluoreszenz. - Nebelkammer: https://universum-bremen.de/nebelkammer/, https://de.wikipedia.org/wiki/Nebelkammer
In der Nebelkammer werden ionisierende Teichen, für die wir kein Sinnesorgan haben, als dünne Nebelspuren sichtbar. In der übersättigten Alkoholdampfatmosphäre der Kammer wirken sie wie Kondensationskeime. Sehr viele dieser Teilchen stammen direkt oder indirekt aus der Weltraumstrahlung.
Es gab noch viel mehr wie z.B. Lichttisch, Strömung an Kugeloberflächen, Unendliches Getriebe und, und, und … Irgendwann reichte die Zeit nicht mehr. Wir waren sehr beeindruckt, wie anschaulich und buchstäblich begreifbar alles dargestellt war.
Mit einer problemlosen Rückfahrt nach Osnabrück ging eine erlebnisreiche Exkursion zu Ende. Oben am Himmel war es den gesamten Tag über sonnig gewesen, wenn auch mit vielen Schleierwolken. Am frühen Abend sollte es allerdings wieder zuziehen, was uns Astronomen eigentlich hätte traurig stimmen müssen. Aber nach all dem Interessanten des Tages war das für uns fast unwichtig.