Eine kurze Zusammenfassung
Dr. Achim Tegeler, Oktober 2024
Kometen haben schon immer die Gemüter der Menschen erregt und zu Erstaunen, Verzückung oder Angst geführt. Bis ins Mittelalter hinein wurden Kometen in Europa als Vorboten schicksalhafter Ereignisse betrachtet, da völlig unklar war, woher dieser neue „Haarstern“ (altgriech. aster kometes) so plötzlich kam.
Offenbar waren aber die Babylonier bereits im 1. Jhd. v. Chr. in der Lage, Kometen zu beobachten und eine regelmäßige Wiederkehr zu berechnen [1].
In Europa war wohl Johannes Müller (lat. Regiomontanus) im Jahre 1472 der erste, der eine Kometenbahn zu berechnen versucht hat. Es war zu dieser Zeit nach wie vor nicht klar, welchen Ursprungs Kometen sind und ob sie sich in der erdnahen Atmosphäre aufhalten. Erst der große Tycho Brahe war es, der 1577 bei einem beobachtbaren Kometen feststellte, dass dieser mind. 230 Erdradien entfernt sein müsse und daher nicht in der Erdatmosphäre beheimatet sein könne, sondern sich im Weltall aufhalten müsse – eine zur damaligen Zeit sehr umstrittene Behauptung, der offenbar auch Galilei widersprach.
Heute wissen wir, dass Kometen als Teile unseres Sonnensystems aus den fernen Bereichen des Kuipergürtels [2] und der Oortschen Wolke [3] ins innere Sonnensystem vordringen können, um dann nach Umrundung der Sonne wieder in die Ferne des Sonnensystems zu reisen. Einige Kometen zeigen dabei eine elliptische Bahn, die sie periodisch wiederkehrend in die Nähe der Erde bringt. Dabei wird zwischen langperiodischen und kurzperiodischen Kometen unterschieden.
Langperiodische Kometen zeigen eine Umlaufzeit von mehr als 200 bis zu mehreren Millionen Jahren und kommen aus der Oortschen Wolke. Je nach näheren Begegnungen mit den großen Planeten können diese Bahnen dann hyperbolischen Charakter (Exzentrizität >1) annehmen und den Kometen nie wieder in Richtung inneres Sonnensystem führen – solche Kometen sind dann einmalige Besucher und verlassen u.U. das Sonnensystem.
Kurzperiodische Kometen allerdings zeigen eine Wiederkehr in weniger als 200 Jahren und kommen i.d.R. aus dem Kuipergürtel, also einem Bereich des äußeren Sonnensystems, der sich in der Ebene der Ekliptik befindet.
Viele Kometen werden von Überwachungssystemen, einige aber auch von Amateurastronomen entdeckt. Wer einen Kometen als erster entdeckt, kann zum Bestandteil des Namens eines Kometen werden, denn Kometen werden (wie Asteroiden) nach einer eigenen Systematik benannt.
Grundsätzlich wird dabei zwischen kurz- und langperiodischen Kometen unterschieden (s.o.). Kurzperiodischen Kometen wird ein P (periodic), langperiodischen ein C (comet) vorangestellt [4].
Danach folgt das Jahr der ersten Entdeckung und als Buchstabencode der Zeitraum des Jahres. Dabei liegt der Bereich A in der ersten Hälfte des Januar, B in der zweiten Hälfte des Januar, C in der ersten Hälfte des Februar und so weiter bis zu X für die erste Hälfte des Dezembers und Y für die letzte Hälfte des Dezembers (I wird dabei nicht genutzt).
Sollte in einer dieser Monatshälften mehr als ein Komet entdeckt werden, so wird die laufende Nummer hinter dem Monatskennzeichen angehängt. Danach wird der Name des oder der Entdecker angehängt.
Für unseren im Oktober 2024 so gut beobachtbaren Kometen C2023 A3 / Tsuchinshan-ATLAS bedeutet das also:
C – es handelt sich um einen langperiodischen Kometen
2023 A3 – er ist der dritte Komet, der in der ersten Januarhälfte des Jahres 2023 entdeckt wurde
Tsuchinshan–ATLAS – Die Entdeckung erfolgte an der chinesischen Sternwarte am Purpurnen Berg (Chin. nach Wade-Giles: Tzu-chin-shan T’ien-wen-t’ai) bei Nanjing in Ostchina, ca. 200 km nordwestlich von Shanghai – und wurde kurz darauf vom Sutherland ATLAS System in Südafrika bestätigt (Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System) [5].
Seit der Entdeckung des Kometen wird dieser genau beobachtet, und es wird versucht, aus den ermittelten Bahndaten einen Verlauf der weiteren Reise des Himmelswanderers zu berechnen. Dabei wurde klar, dass am Perihel (also dem sonnennächsten Punkt am 27.09.2024) die Sonne mit ihrem gravitativen Einfluss die zunächst hyperbolische Bahn (keine Wiederkehr) des Kometen beeinflusst und diese zu einer parabolischen Bahn (Wiederkehr möglich) verändert. Wenn die großen Planeten die Bahnparameter des Kometen nicht weiter verändern, sollte dieser Komet nach aktuellem Stand also in 240.000 bis 3,5 Mio. Jahren in Erdnähe zurückkehren.
Da diese Zeitspannen für uns Menschen weder vorstellbar noch „abwartbar“ sind, freuen wir uns doch umso mehr, das Erscheinen dieses Kometen miterleben zu dürfen!
Übrigens hinterlassen Kometen mit ihrem Schweif Staub und Eis in Sonnenähe. Diese Restteilchen bleiben auch dann noch auf der Bahn zurück, wenn der Komet längst weiter gezogen ist und schon lange nicht mehr von der Erde aus beobachtbar ist. Einige der typischen Meteorströme (Sternschnuppenströme) wie z.B. die Perseiden haben ihren Ursprung in genau diesen Kometenspuren aus Staub und Eis -> sieh dazu auch unseren Bericht zu den Perseiden.
[1] Diodorus Siculus: Diodors von Sizilien historische Bibliothek. Band 3, Stuttgart 1838, S. 1368
[2] Kuipergürtel https://de.wikipedia.org/wiki/Kuiperg%C3%BCrtel
[3] Oortsche Wolke https://de.wikipedia.org/wiki/Oortsche_Wolke
[4] Es gibt noch weitere vorangestellte Kennungen, die je nach Schicksal des Kometen verschieden ausfallen können (X für Kometen mit unbekannter Bahn, D für nicht mehr existente Kometen, A für fälschlich als Komet erachtete Asteroiden, I für interstellares (ansonsten unbekanntes) Objekt).
[5] ATLAS Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System https://atlas.fallingstar.com/