Messung der Transitlichtkurve des Exoplaneten TOI-2570 b

Beitrag von Dr. Gerold Holtkamp, 5. Dezember 2024


Es wird die Messung der Transitlichtkurve des erst im Jahr 2022 entdeckten Exoplaneten TOI-2570 b beschrieben. Die Helligkeit des in einem sehr dichten Sternfeld stehenden Muttersterns wurde in 148 Aufnahmen in Bezug zu Vergleichssternen bestimmt. Das Ergebnis stimmt sehr gut mit den bisher bekannten Daten überein.


Einleitung

Das Sternbild Fuhrmann steht im Dezember ab 17 Uhr bereits vollständig über dem Horizont. Sein heller Stern Capella ist auch aus einer Stadt wie Osnabrück nicht zu übersehen. Der 12,4 mag helle Stern TOI-2570 im Fuhrmann ist allerdings nur im Teleskop sichtbar. Er steht in der Nähe des offenen Sternhaufens M 37, aber nur scheinbar, denn mit einer Entfernung von 4.400 Lichtjahren liegt M37 sehr weit hinter dem 1.180 Lichtjahre entfernten TOI-2570 [1]. Das dichte Sternenfeld der umgebenden Milchstraße macht es nicht gerade einfach, ihn zu finden. Aber mit Unterstützung des sog. Platesolving (Software AstroArt) war eine eindeutige Identifizierung möglich [2].


Fig. 1
Das Sternfeld um TOI-2570, wie es auf einer Aufnahme erscheint. Der Zielstern befindet sich in der Mitte (s.a. Fig. 2).

Dass TOI-2570 mindestens einen eigenen Planeten besitzt, wurde erst im Jahr 2022 bewiesen. Mit Hilfe der im April 2018 gestarteten Sonde TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) wurde dies möglich. TESS suchte und sucht nach Sternen, bei denen ein Planet genau in der Sichtlinie zwischen Sonde und Stern vor letzterem vorbeizieht. Eine regelmäßig wiederkehrende Absenkung in der Helligkeit weist dann auf einen möglichen Planeten hin. Als sog. TESS Object of Interest (TOI) wurde TOI-2570 b (b bezeichnet den Planeten) mit weiteren Methoden (Photometrie, hochauflösende Photographie und Spektroskopie) untersucht und die Planetennatur bestätigt [3].


Messung

Wie bei TESS können auch Amateurastronomen mit der Transitmethode Exoplaneten nachweisen. Die Transitmethode wurde bereits an anderer Stelle erläutert [4]. Die Erdatmosphäre und – wenn man in der Stadt lebt – die vielen störenden Lichtquellen erschweren zwar die Messung, machen sie aber nicht unmöglich. Der geneigte Leser möge dies im Folgenden selbst beurteilen.


Die verwendete Ausrüstung war folgende:
Teleskop: Skywatcher Newton mit 250 mm Öffnung und 1.200 mm Brennweite
Kamera: QHY268M, -10° C, Offset 20, Gain 50
Filter: Antlia Luminanz
Montierung: AZ EQ6
Autoguiding: Off-Axis-Guider
Steuerung: AstroArt
Auswertung: HOPS 3.3.0


Die HOPS-Software wird vom Exoclock-Projekt der ESA zur Verfügung gestellt. Dieses Projekt wurde ins Leben gerufen, um die Messung möglichst vieler Transitlichtkurven für ausgewählte Exoplaneten zu organisieren. Es dient der Vorbereitung der Ariel-Mission (Atmospheric Remote-sensing Infrared Exoplanet Large-survey), die ab 2029 tausende von Exoplanetentransits und deren Spektren aufnehmen soll, um die chemische Zusammensetzung der Atmosphären zu untersuchen [5]. Dafür ist eine möglichst gute Kenntnis der Transitzeiten und der Helligkeitsverläufe der Muttersterne erforderlich. Genau hier kommen die kleinen und mittleren Teleskope der nichtprofessionellen Astronomen ins Spiel.


Die HOPS-Software liefert zunächst die Bildkorrektur der einzelnen Aufnahmen durch Flats, Darks, FlatDarks und Bias. Daran schließt sich die Photometrie der Sterne an. Daraus werden dann durch den Vergleich der Helligkeit des Zielsterns und mit der Helligkeit der Vergleichssterne die Messpunkte und die Ausgleichskurve mit Trendkorrektur erstellt. Hieraus können dann die Messwerte abgeleitet werden.


Am 30. November 2024 sollte der Exoplanet TOI-2570 b um 21:49 Uhr MEZ vor seinen Mutterstern treten und um 0:45 Uhr MEZ den Transit beenden. Um die Helligkeit des unverdunkelten Sterns zu erhalten, wurde die Messung bereits um 20:49 Uhr MEZ begonnen und entsprechend um1:49 Uhr MEZ beendet. Zu Beginn der Messung stand der Stern 36° hoch, zum Ende 70°. Der Mond war nicht am Himmel. Es herrschte in der Nacht leichter Frost. Es war windstill. Allerdings war viel Feuchtigkeit in der Luft, was sich morgens am starken Raureif auf dem Teleskop zeigte.


Es wurden 148 Einzelmessungen zu je 120 s durchgeführt. Für die Justierung der Aufnahmen wurden je 10 Aufnahmen Flats, FlatDarks, Darks und Bias aufgenommen. Für die relative Lichtmessung wurden vier Vergleichssterne verwendet, die eine ähnliche Helligkeit wie der Zielstern TOI-2570 haben.


Ergebnisse


Fig. 2
Zielstern (Target) und Vergleichssterne (C1 bis C4)
Fig. 3
Die eigenen Messpunkte mit Ausgleichskurve und erwarteter Kurve
Quelle: Exoclock
Erläuterung: „phase“ bezeichnet den Anteil an der gesamten Umlaufzeit des Exoplaneten
Fig. 4
Die zeitliche Mitte des Transits im Vergleich zu anderen Messungen in Exoclock
Quelle: Exoclock

Die HOPS-Software berechnet direkt zwei Werte. Das Verhältnis von ungestörtem zu verdunkeltem Fluss ist gleich dem Verhältnis von Planetenradius zu Sternradius: Rp/Rs = 0.1155 ± 0.0046 (Exoclock 0.1142 ± 0.0012). Bei bekanntem Sternradius, der mit anderen Methoden bestimmt werden kann, kann man direkt den Radius des Exoplaneten TOI-2570 b berechnen: Rp = 88.470 +/- 3.523 km. Auch meine Messung bestätigt, dass TOI-2570 b nur um etwa 11% größer als Jupiter (69.911 km) in unserem Sonnensystem ist. (Für die Berechnung von Rp/Rs siehe [6])

Die Bestimmung des genauen Timings des Transits ist eine wichtige Aufgabe des Exoclock-Projekts zur Vorbereitung der Ariel-Mission der ESA. Von mir wurde gemessen: O-C (beobachtete minus berechnete Transitmitte) = 3.33 ± 1.87 minutes


Diskussion

Die Messung wird von der verbreiteten Weihnachtsbeleuchtung beeinflusst sein. Die „Unruhe“ zu Beginn, als der Stern noch bei 35° Höhe stand, wird auf die Beleuchtung der Nachbarschaft in der Beobachtungsrichtung zurückgeführt. Die „Delle“ vor der Transitmitte kann vom störenden Einfluss eines von unten angeleuchteten Baukranauslegers stammen, der um die entsprechende Zeit fast ins Gesichtsfeld ragte.


Wie man aus Fig. 4 sieht, gibt es erst wenige Messungen. Auch bei den professionellen Astronomen sind es nur einige wenige (s Veröff.). Es ist schön, wenn man als Amateurastronom recht nah vorne dabei sein und eine eigene Messung beisteuern kann. Besonders spannend ist es nach wie vor, den Radius eines Planeten in solch einer riesigen Entfernung zu bestimmen, obwohl man nur einen Lichtpunkt – den Stern – zur Verfügung hat!

Anhang

Die bis heute bekannten Daten des Systems: [7]


Der Stern TOI-2570
Spektraltyp: G variabel
Scheinbare Helligkeit: 12,4 mag (V)
Entfernung: 1.180 Lichtjahre
Oberflächentemperatur: 5.771K
Masse: 1,06 x Masse der Sonne
Radius: 1,1 x Radius Sonne
Alter: 4,4 +3,3/-2,6 Mrd. Jahre
Sternbild: Fuhrmann


Der Exoplanet TOI-2570 b
Entdeckung: 2022
Abstand zum Mutterstern: 3,38 Mio. km
Umlaufzeit: 2,99 Tage
Umlaufbahn (Große Halbachse): 6,2 Mio. km
Oberflächentemperatur: 1.430 K
Masse: 1,9-fache Masse des Jupiter
Radius: 90.884 km (Radius des Jupiter 69.911 km)


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Quellen

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Messier_37
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Astrometric_solving
[3] The TESS Grand Unified Hot Jupiter Survey. I. Ten TESS Planets, Samuel W. Yee et al 2022 AJ 164 70
[4] https://kosmos-os.de/messung-der-transitkurve-des-exoplaneten-tres-3-b-am-27-5-2023/
[5] https://www.exoclock.space/ und https://arielmission.space/
[6] https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurven-der-exoplaneten-wasp-84b-und-kps-1b-am-7-und-8-maerz-2024/
[7] https://iopscience.iop.org/article/10.3847/1538-3881/ac73ff

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