Reproduzierbarkeit von Transitlichtkurven zum Nachweis von Exoplaneten

Beitrag von Dr. Gerold Holtkamp, Juli 2025


Die Transitlichtkurven von fünf Exoplaneten werden hinsichtlich ihrer Reproduzierbarkeit bewertet. Die untersuchten Parameter sind der indirekt gemessene Radius des jeweiligen Planeten und die zeitliche Mitte des Transits. Nach ausführlicher Behandlung der einzelnen Exoplaneten kann in der Zusammenschau der Messungen gezeigt werden, dass bei 10 von 12 Messungen der jeweilige Planetenradius reproduzierbar gemessen wurde. Die zeitlichen Mitten der jeweiligen Transits weisen dagegen größere Unsicherheiten auf. Allerdings sind die Erwartungswerte ebenfalls mit größeren Fehlern behaftet und vermutlich zukünftig noch Änderungen unterworfen. Jeweils untereinander stimmen hier aber 10 von 12 Messungen überein.


Einleitung


Ungewöhnlich gute Wetterbedingungen ermöglichten mir zwischen dem 4.3.2025 und 12.5.2025 die erfolgreiche Messung von 16 Transitlichtkurven als Nachweis von Exoplaneten. Bei drei dieser Exoplaneten konnte ich die Lichtkurve jeweils (in verschiedenen Nächten) zweimal messen. Beim Exoplaneten TOI-1259Ab habe ich in der genannten Zeit nur einmal gemessen; dafür liegen hierfür zwei weitere Messungen von mir aus 2022 und 2023 vor. Außerdem gibt es zwei weitere Transitmessungen für den Exoplaneten TrES-3b aus 2023 und 2024. Die Frage war: Konnte ich damit den Nachweis führen, dass meine Messungen reprozierbare Ergebnisse liefern?


Die untersuchten Exoplaneten im Vergleich mit Jupiter in künstlerischer Darstellung (in etwa maßstäblich), Quelle: NASA

Wenn ein Exoplanet – von uns auf der Erde gesehen – vor seinem Stern vorbeizieht, verdunkelt er diesen minimal und zwar in regelmäßigen, seiner Umlaufzeit entsprechenden zeitlichen Abständen. Die Stärke der Verdunkelung ist direkt abhängig vom Radius des Exoplaneten und seines Muttersterns. Diese für uns auf der Erde messbare Abschwächung des Muttersterns ist jedoch oft sehr gering und könnte leicht durch instrumentelle Effekte, atmosphärische Störungen oder zufällige Helligkeitsschwankungen des Sterns selbst überlagert werden. Daher ist es wichtig, dass eine Transitlichtkurve nicht nur einmal beobachtet wird. Erst wenn sich die Absenkung der Transitlichtkurve zu den erwarteten Zeiten wiederholt, kann man mit Sicherheit sagen, dass sie durch einen realen Exoplaneten verursacht wurde. Darum werden z.B. im ExoClock-Projekt der ESA Amateure ermuntert, möglichst viele Transitlichtkurven zu messen. [1] Die Zusammenschau all dieser Messungen zeigt dann nicht nur ihre Reproduzierbarkeit, sondern bei der Bestimmung der Umlaufzeit und Größe des Exoplaneten kann deren Genauigkeit deutlich erhöht werden.


Aber auch für einen einzelnen Amateurastronomen wie mich ist es eine Genugtuung, die Reproduzierbarkeit eigener Messergebnisse zu zeigen. Kann man doch sich selbst mit eigenen Mitteln die Sicherheit verschaffen, dass das, was man sich „dort oben“ in hunderten von Lichtjahren entfernt modellhaft vorstellt, tatsächlich der Wirklichkeit entspricht.


Zur Methode der Messung der Transitlichtkurve zum Nachweis eines Exoplaneten sei auf Wikipedia verwiesen. [2] Die in einer Nacht erhaltenen Aufnahmen des jeweiligen Sternfeldes wurden in der Regel mit der hops-Software des Exoclock-Projekts aufbereitet und anschließend zum Exoclock-Projekt geschickt. Dort erfolgte die Auswertung, die grafische Darstellung und der Eintrag in die dortige Datenbank.


Von den Grafiken werden hier die Transitlichtkurve und die zeitliche Lage der Mitte des Transits dargestellt. Die genaue Kenntnis der Transitmitte ist für die Vorbereitung der Ariel-Mission der ESA besonders wichtig. [3] Aus der Absenkung der Lichtkurve kann direkt auf den Exoplanetenradius geschlossen werden.


Für eine Erläuterung der einzelnen in den Diagrammen verwendeten Begriffe siehe *.


Die Messungen im Detail


Exoplanet KPS-1b



8. 3. 2024  
Rp/Rs = 0,1147 +/- 0,0043
(erwartet Exoclock 0,114 +/- 0,004)
->Rp = 72.123 +/- 2.704 km
(angenommener Sternradius 628.795 km)

O-C = -2,07 +/- 1,73  Minuten  

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurven-der-exoplaneten-wasp-84b-und-kps-1b-am-7-und-8-maerz-2024
30.4.2025
Rp/Rs = 0,114 +/- 0,005
(erwartet Exoclock 0,114 +/- 0,004)
–> Rp = 71.682 +/- 3.144 km
(angenommener Sternradius 628.795 km)

O-C = -1,00 +/- 1,87  Minuten  

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurve-des-exoplaneten-kps-1b-am-30-april-1-mai-2025


Mit einer Helligkeit von MagR = 12,534 (Exoclock) ist KPS-1 für das verwendete Teleskop (10“ Newton) und den stadtnahen Beobachtungsort schon ziemlich dunkel, was sich auch in den langen Belichtungszeiten zeigt. Es gibt deswegen auch nur relativ wenige Messpunkte.


Die beiden Messungen liegen 419 Tage auseinander, was etwa 246 Umläufen von KPS-1b um seinen Mutterstern entspricht. Der vorausgesagte zeitliche Mittelpunkt des Transits wurde unter Berücksichtigung der Fehlergrenzen am 8.3.2025 um -0,34 Minuten (20 sec) verfehlt, am 30.4.2025 aber sehr gut getroffen.


Die Absenkung der Lichtkurve wurde in beiden Fällen sehr gut sowohl in Bezug auf den von Exoclock erwarteten Wert als auch untereinander getroffen.


Exoplanet Qatar-10b



6.3.2025
Rp/Rs = 0,1316 +/- 0,0024
(erwartet Exoclock 0,1265 +/- 0,001)
->Rp = 124.078 +/- 2.263 km
(angenommener Sternradius 942.844 km)

O-C = -0,15 +/- 1,18  Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurve-des-exoplaneten-qatar-10b-am-5-6-maerz-2025
3.4.2025
Rp/Rs = 0,1241 +/- 0,0034
(erwartet Exoclock 0,1265 +/- 0,001)
-> Rp = 117.007 +/- 3.206 km
(angenommener Sternradius 942.844 km)

O-C = -0,91 +/- 1,87  Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurve-des-exoplaneten-qatar-10b-am-2-3-april-2025


Mit einer Helligkeit von MagR = 12,483 (Exoclock) ist Qatar-10 wie bereits KPS-1 für das verwendete Teleskop (10“ Newton) und den stadtnahen Beobachtungsort schon ziemlich dunkel. Es ergeben sich deshalb wieder lange Belichtungszeiten.


Die beiden Messungen liegen 30 Tage auseinander, was etwa 18 Umläufen von Qatar-10b um seinen Mutterstern entspricht. Der vorausgesagte zeitliche Mittelpunkt des Transits wurde unter Berücksichtigung der Fehlergrenzen am 6.3.2025 und am 3.4.2025 sehr gut getroffen.


Die Absenkung der Lichtkurve wurde zwar am 6.3.2025 zu groß gemessen, am 3.4.2025 innerhalb der Fehlergrenzen aber sehr gut getroffen. Auch in Bezug auf die eigene Messung am 3.4. war die Messung vom 6.3. zu groß, auch wenn man alle Fehlergrenzen berücksichtigt.


Es gibt auch noch eine weitere Messung von Thomas Grunge vom 2.10.2022. [4]


Die Transitlichtkurve in der „Exoplanet Transit Database“
O-C in der „Exoplanet Transit Database“ (Der eigene Wert ist blau.)

Als Ergebnis für den Exoplanetenradius ergibt sich hier: Rp = 122.884 +2.936/-3.007 km. Unter Berücksichtigung aller Fehlergrenzen passt dieses Ergebnis sowohl zu beiden eigenen Messungen am 6.3. und 3.4.2025. Der Exoclock-Wert des Planetenradius (119.270 km) wird bei Berücksichtigung der Fehlergrenzen knapp getroffen.

Für die Abweichung von der erwarteten Transitmitte ergab sich: O – C = +3,6 Minuten (Die Ablesung aus dem Diagramm ist allerdings etwas schwierig.).


Exoplanet TOI-1259Ab



14.12.2022
Rp/Rs = 0,1506 +/- 0,0013 (Exoclock 0,14762 +/- 0,00035)
-> Rp = 74.562 +/- 644 km
(angenommener Sternradius 495.098 km)

O-C = +2,43 +/- 0,58 Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/soeben-entdeckt-exoplanet-toi-1259-a-b
 
25.9.2023
Rp/Rs = 0,147 +/- 0,0012
(Exoclock 0,14762 +/- 0,00035)
-> Rp = 72.779 +/- 594 km
(angenommener Sternradius 495.098 km)

O-C = -2,1 +/- 1,0  Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/transitkurve-des-exoplaneten-toi-1259-a-b-am-25-26-9-2023  

18.3.2025  
Rp/Rs = 0,1481+/- 0,0021 (Exoclock 0,14762 +/- 0,00035)
-> Rp = 73.324 +/- 1.040 km (angenommener Sternradius 495.098 km)

O-C = -1,7 +/- 0,78  Minuten  

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurve-des-exoplaneten-toi-1259ab-am-18-maerz-2025    


Die Besonderheit dieses Systems liegt darin, dass es sich um ein Doppelsternsystem handelt und der Exoplanet TOI-1259Ab um einen der beiden Komponenten kreist.


Mit einer Helligkeit von MagR = 11,832 (Exoclock) ist TOI-1259Ab mit dem verwendeten Teleskop (10“ Newton) gut zu beobachten. Das schlägt sich in Belichtungszeiten zwischen 30 und 60 s und einer großen Zahl von Messpunkten nieder. Außerdem sorgt das Größenverhältnis von Mutterstern und Planet für eine große Absenkung der Lichtkurve von 30,65 mmag.


Zwischen der ersten und der letzten Messung liegen 825 Tage, was etwa 237 Umläufen von TOI-1259Ab um seinen Hauptstern entspricht. Der vorausgesagte zeitliche Mittelpunkt des Transits wurde auch unter Berücksichtigung der Fehlergrenzen jedes Mal um etwa zwei Minuten verfehlt.


Die Absenkung der Lichtkurve, i.e. Rp/Rs wurde am 14.12.2022 im Vergleich zum von Exoclock vorgegebenen Erwartungswert etwas zu groß gemessen. Die beiden anderen Messungen passen sehr gut zum Erwartungswert und auch untereinander.


Exoplanet TOI-4137b



19.3.2025
Rp/Rs = 0,0855 ± 0,0037
(erwartet Exoclock 0,0865 +/- 0,008)
->Rp = 85.614 +/- 3.705 km
(angenommener Sternradius 1.001.337 km)

O-C = +7,89 +/- 3,17 Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurve-des-exoplaneten-toi-4137b-am-19-20-maerz-2025

7.4.2025
Rp/Rs = 0,086 +/- 0,0047
(erwartet Exoclock 0,0865 +/- 0,0008)
-> Rp = 86.115 +/- 4.707 km
(angenommener Sternradius 1.001.337 km)

O-C = +6,43 +/- 3,6 Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurve-des-exoplaneten-toi-4137b-am-7-8-april-2025


Mit einer Helligkeit von MagR = 11,04 (Exoclock) ist TOI-4137b mit dem verwendeten Teleskop (10“ Newton) zwar gut zu beobachten, das Größenverhältnis von Mutterstern und Planet bedeutet allerdings eine relativ geringe Absenkung der Lichtkurve (erwartet wurde 8,98 mmag). Bei beiden Messungen war der Mond zu 74 % bzw. 78 % beleuchtet, was sich negativ auf die Qualität der Messungen ausgewirkt haben könnte. Beide Messungen sind ziemlich verrauscht.


Bei beiden Messungen stimmt das Verhältnis Rp/Rs und damit der Radius des Exoplaneten gut mit dem von Exoclock erwarteten Wert und auch untereinander überein.


Zwischen beiden Messungen liegen 19 Tage, was 5 Umläufen von TOI-4137b um seinen Hauptstern entspricht. Der vorausgesagte zeitliche Mittelpunkt des Transits weicht, auch wenn man die Fehlergrenzen berücksichtigt, stark (positiv) vom erwarteten Wert ab.  Allerdings trifft dies auch bei der überwiegenden Anzahl der anderen auf Exoclock vorliegenden Messungen zu. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation bei weiteren Messungen darstellen wird.


Exoplanet TrES-3b



27.5.2023
Rp/Rs = 0,1573 ± 0,006
(erwartet Exoclock 0,17 +/- 0,03)
->Rp = 89.051 +/- 3.397 km
(angenommener Sternradius 566.124 km)

O-C = +0,36 +/- 1,3 Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/messung-der-transitkurve-des-exoplaneten-tres-3-b-am-27-5-2023

18.7.2024
Rp/Rs = 0.1651 ± 0.0028
(erwartet Exoclock 0,17 +/- 0,03)
-> Rp = 93.467 +/- 1.585 km
(angenommener Sternradius 566.124 km)

O-C = +0,62 +/- 0,58 Minuten

Für Details: https://kosmos-os.de/tres-3b-hat-p-18b-toi-2154b-und-toi-1251-01


Mit einer Helligkeit von MagR = 12,06 (Exoclock) ist TrES-3b mit dem verwendeten Teleskop (10“ Newton) noch gut zu beobachten, da eine Verdunkelung von ca. 28 mmag zu erwarten ist. Da Exoclock beim erwarteten Wert von Rp/Rs einen recht großen Fehler angibt, stimmen beide eigenen Messwerte innerhalb der Fehlergrenzen mit diesem überein. Auch untereinander stimmen die Messwerte unter Berücksichtigung der Fehler überein.


Zwischen beiden Messungen liegen 419 Tage, was 321 Umläufen von TrES-3b um seinen Hauptstern entspricht. Der vorausgesagte zeitliche Mittelpunkt des Transits wird von beiden eigenen Messungen sehr gut bestätigt.


Zusammenschau der Messungen


Tabellarische Zusammenfassung
Die grün hinterlegten Werte sind reproduzierte Ergebnisse, die mit dem Exoclock-Erwartungswert übereinstimmen. Die eigenen Werte, die zumindest untereinander übereinstimmen, sind gelb hinterlegt. Bei den rot hinterlegten Werten gibt es keine Übereinstimmung.

Bei den Exoplaneten KPS-1b, TOI-4137b und TrES-3b wurden für die Radien reproduzierbare Ergebnisse erreicht. Für den Radius Qatar-10b wurde nur bei einer von drei Messungen der Exoclock-Erwartungswert getroffen. Bei TOI-1259b waren zwei von drei Messungen erfolgreich.


Bei der Bestimmung der zeitlichen Mitte des Transits gab es nur bei vier der zwölf untersuchten Messungen eine Übereinstimmung mit dem Exoclock-Erwartungswert. Dafür stimmen aber sechs weitere Messungen zumindest untereinander überein. Zwei Messungen erreichen nicht den Erwartungswert. Zum Erwartungswert der Transitmitte sei allerdings angemerkt, dass er durchaus noch Änderungen unterworfen sein kann, wenn eine Vielzahl von Messungen auf einen anderen realistischeren Wert hinweist. Es besteht auch noch die Möglichkeit, dass sich aus der Vielzahl der Messungen ein anderer Wert ergibt. Dies herauszufinden ist schließlich sogar die Kernaufgabe des Exoclock-Projekts.


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Erläuterung der einzelnen in den Diagrammen verwendeten Begriffe:


Rp/Rs
Das Verhältnis von Exoplanetenradius zu Sternradius (Rp/Rs) ergibt sich direkt aus der Größe der Absenkung der Lichtkurve. (s.a. https://kosmos-os.de/messung-der-transitlichtkurven-der-exoplaneten-wasp-84b-und-kps-1b-am-7-und-8-maerz-2024)
Bei den Literaturangaben zu Rp und Rs, die meist auf den Jupiterradius bzw. den Sonnenradius bezogen werden, muss man berücksichtigen, dass beide abgeplattet sind. Deshalb sind die Pol-zu-Pol- und Äquator-Durchmesser unterschiedlich.


phase
Die Phase ist ein Wert zwischen 0 und 1, der angibt, wie weit im Umlauf der Planet gerade ist, relativ zur Mitte des Transits. Seine gesamte Umlaufzeit ist also auf 1 normiert.


O – C
Die Abweichung der zeitlichen Mitte des Transits von der von Exoclock berechneten/erwarteten O – C (Observed – Calculated) in „minutes“ (Minuten) ist zusammen mit den anderen Messungen bei Exoclock dargestellt.


Epoch
Gibt die Anzahl der Umläufe des Exoplaneten ab einem festgelegten Zeitpunkt (Epoch=0) an. (s. hierzu https://www.exoclock.space/database/planets/“Planetenname“/ unter „Mid-time“)


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[1] https://www.exoclock.space/

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Transitmethode

[3] https://www.esa.int/Science_Exploration/Space_Science/Ariel

[4] https://kosmos-os.de/unendliche-weiten-home

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